Mittwoch, 23. September 2015

Schwedische Meisterschaften, Håkan Westin und Rammstein

Der Titel wird nun ziemlich sicher für Verwirrung sorgen, verständlich. Die drei Begriffe haben auch herzlich wenig miteinander zu tun, wir kommen aber noch darauf zu sprechen.
Mit den Schwedischen Meisterschaften begann auch gleich das letzte Wochenende seit dem letzten Blogpost.

Am Donnerstagmorgen hatte ich keine Schule, dafür gab es zwei Gründe.
Zum einen hatte ich in meinem Trainingsplan "Erholung" vorgeschrieben. Zum anderen schrieb meine Französischklasse eine Prüfung, die ich nicht schreiben durfte. Obwohl ich wollte, durfte ich nicht, das gibt es auch nicht oft.
So stand ich also gemächlich auf, Speck und Spiegelei aus der Bratpfanne, die (wieder einmal) unseren Feueralarm auslösten und in aller Seelenruhe Packen.
Nun, ein Hindernis gab es noch zu bewältigen. Ich wollte mir einen Campingbeschaffen, um nicht immer an den Wettkämpfen rumstehen zu müssen. Meinen genialen Campingstuhl aus der Schweiz konnte ja nicht mitkommen.
Das Problem an der Aktion: der betreffende Laden befindet sich rund 2km ausserhalb von Mora und draussen regnete es in Strömen.
In Kampfmontur, also Regenhosen und zugepackt bis auf einen Sehschlitz stieg ich aufs Bike. Die warme Dusche danach hochverdient und im Nachhinein kann ich nun auch sagen, dass es sich gelohnt hat.

Am Nachmittag fuhren wir dann mit Kleinbussen Stockholm entgegen, eine kleine Tour auf der Schwedenkarte, eine grosse Reise für mich. 4,5 Stunden, dazwischen noch ein z´Nachthalt in Uppsala im guten und extrem günstigen IKEA.
Martin hat mich noch ausgelacht, als ich ihm mein Leid über die lange Reise geklagt habe, er wohnt 800km nördlich und ist natürlich mit dem Auto nach Mora gekommen. An diesem Wochenende hat er auch zusammen mit seiner Mutter gleich noch seine Schwester im småländischen Jönköping besucht, weitere 900 Autokilometer. 

Im dunkeln erreichten wir ein kleines Gut irgendwo südlich von Stockholm. Die ganze Eliteabteilung inklusive Betreuer wohnte in einem kleinen Haus. Zu erwähnen ist, dass an den Schwedischen Meisterschaften nur die Elite startet, für die Jungen gibt es die bereits erwähnte Jugend-SM, die Senioren-SM gibts für die ambitionierten der älteren Generation, eine Erfindung für die Schweiz?

Am Freitag galt es also Ernst. Das Frühstück wurde von den Eltern Rapp vorbereitet, die das ganze Woche als Köche, Fans oder Betreuer dabei waren. Im Gegensatz zur Heimat muss man sich für den SM-Final noch qualifizieren, dies geschieht mit diversen Heats. Die Besten kommen in den A-Final, alle andern müssen sich mit den Finals darunter zufrieden geben.

Mein erstes Mal im Stockholmer Terrain missriet wie noch selten ein Lauf. Während der zweitlangsamste auf der Teilstrecke 1-2 sieben Minuten brauchte, waren es bei mir zwölf.
Wie schon am Mittwoch hatte sich mein Kompass wohl ein 180-Grad-Fehler erlaubt...

Frust weggesteckt und mit meiner Treichel die weiteren Läufer des Vereins, von denen es drei in einen A-Final schafften, angefeuert, ging es schon wieder zurück ins Häuschen, wo es nicht lange ging, bis die Sauna warm und voll belegt war. Mit dabei ist auch Leo. Wieso ich ihn erwähne? Er ist vielleicht vier oder fünf Jahre alt und supersüss. Für ihn gab es die Schwedische Meisterschaft im Kinder-OL! Am Abend spielten wir das legendäre Brettspiel Ticket to Ride. In Zweierteams traten wir vorallem gegeneinander an. Dass es mehr Spass macht, den anderen das Handwerk zu legen, erkannten wir schnell, leidtragender an diesem Abend: Zsolt, der auch das Spiel mitgebracht hatte.

Qualikarte mit dem legendären Posten 2
Da meine Quali schwach war, wurde ich mit einem frühen Wecker bestraft. Während ich den Lauf, der nicht mal so schlecht lief, schon dann beendete, hatten die A-Final-Läufer die Unterkunft noch nicht mal in Richtung Quarantäne verlassen. Trotzdem feuerten wir sie bis am Schluss an, wartend im WKZ, dass schon fast an Schlammgallen anmutete. Die Revanche im Ticket to Ride liess am Abend nicht lange auf sich warten. Da ich das ganze Wochenende in einer Schwedisch-sprechenden Community verbrachte, lag es auf der Hand, dass es nun auch für mich soweit sein sollte. Siehe da, es funktionierte irgendwie, irgendwie so, dass ich mich durchschlagen konnte und dem Trainer sogar sagen konnte, er solle kein Englisch mit mir sprechen!
Schöne Abwechslung, mit Simon ab und zu noch Schweizerdeutsch zu sprechen, auch wenn der Wechsel immer wieder schwierig ist.

Dass dies hier kein Zuckerschlecken mehr war, sondern ein Eliteverein, wurde mir am Sonntag klar. Ich wurde nicht für die Staffel selektioniert, man stelle sich dies bei der OLGSGA vor, wenn wir solche Selektionen hätten, die Pädi am Vorabend aufgrund der Leistungen am Vortag, im Saisonvergleich und anhand den Kilometerzeiten tätigen würden!
Wenigstens kaiserliches Wetter, sodass das Fan-sein zusammen mit Axel, dem zweiten Pechvogel, kein Müssen war.
Trotzdem war ich auf der Heimreise genug müde, um grosse Teile der Strasse zu verpassen.
Beim Tankhalt konnte ich dann och mein Tages-Schnäppchen schiessen. Es hatte schon mal viele Leute in der kleinen Tankstelle, die Angestellten hatten alle Hände voll zu tun. Dann kam da dieser Ausländer, der eine Wurst und eine Packung "Dumle" kaufen wollte, dazu erkundigte er sich noch über allfällige Möglichkeiten, sein Handyguthaben zu verbessern, ohne Erfolg. Bei der Bezahlung verstand er zuerst, dass es nur 50 Kronen kosten würde, es waren aber 55. So bezahlte er 150kr. Nun der Coup: der Ventilator hinter Kasse liess die Fünfziger-Note verschwinden, die Kassiererin konnte sich aber daran erinnern, dass ich sie ihr gab und begann zu suchen, erfolglos. Die Schlange hinter mir reichte nun schon aus den Gebäude heraus...
Die Kasse schien aber so gut gegen Diebstahl geschützt zu sein, dass sie mir nicht einfach so Rückgeld geben konnte, ehe sie die Note nicht eingegeben hatte. Schlussendlich ging es dann doch, dann liessen die Nerven ein genaues Kopfrechnen nicht mehr zu, sodass sie mir 145kr Rückgeld in die Hand drückte. Mein Znacht also für schlappe fünf Kronen, 60 Rappen!
Wäsche in die Maschine, ab in´s Bett, ein gelungenes Weekend.

Krafttraining am Montag, alle Jahrgänge zusammen, eines der Highlights der Woche.
Heuer ganz speziell, da keine Trainer anwesend waren, was die Musikauswahl ganz besonders beeinträchtigte. Wenn hier nämlich einige Deutsch können, sind es oft die Texte der deutschen Band Rammstein. Rammstein ist Inbegriff des Deutschlernen in Schweden. Somit wären mal zwei Punkte aufgeklärt.
Nach der "Måndags-Styrke" geht es jeweils mit Kleinbussen zum Einkaufszentrum, alternierend geht Martin oder ich, diesmal wieder ich, wobei ich zu den schnellen Käufern gehöre. So wartet man schnell mal eine halbe Stunde, bis jeder seine Sachen gefunden hat.

Stockgang am Dienstagmorgen in aller Herrgottsfrühe. Das schöne daran, wir fuhren an den Gesundaberg, die höchste Erhebung weit und breit, ein Alpin-Skihügel.
Zum ersten Mal seit ich hier bin, teilte ich meine Mitschüler so richtig ein, sobald es steil wird, zahlen sich 17 Jahre Training in der Schweiz aus, welch`ein Gefühl ;-)
Damit war der Tag aus trainingstechnischer Sicht aber noch nicht gelaufen, Kalle justierte meinen Plan zu einer extrem harten Woche, sodass ich zwei weitere Stunden auf den Rollskis unterwegs war.
Womit wir alle nicht mehr gerechnet haben, trat am Abend ein: Nollning. Allerdings auf eine weiche Art, sodass alle ihren Spass hatten. Wir Erstklässler füllten dabei einen Fragebogen aus, der unter anderem Fragen wie "Wer ist das schönste Skigymi-Mädchen?" oder "Deine Erfolge im Leben" beinhaltete. Die 18+-Fragen lassen wir an dieser Stelle weg.

Nun will ich noch auf einen Punkt zu sprechen kommen, der hier zeitlos ist.
Håkan Westin, allgegenwärtig, populär, vergöttert.
Zumindest sieht das "Frosten", Oskar so, was er auch so allen klar macht.
Auf einer Facebook-Seite regt er sich auf, dass Gustav Wasa, und nicht Håkan Westin auf der neuen 1000er-Note sein wird, habe Håkan den Wasalauf doch öfter gewonnen.
Die Håkan Westin-Songs durften beim Krafttraining natürlich auch nicht fehlen, obwohl nicht alle gleichermassen begeistert sind.
Håkan Westin ist übrigens ein C-Promi in Schweden, zweifacher Sieger des Wasalaufs.
Es kam auch dazu, dass wir am Nollning die Pose des Zieleinlaufs des Wasalaufs 1996 vorzeigen mussten, welche, wie könnte es anders sein, vom damaligen Sieger Håkan Westin zum besten gegeben wurde!

Damit sind wir am Ende dieses langen Blogeintrags, ein Foto, um die Sache noch ein bisschen farbiger zu machen. Bis bald!

Frischer Morgen vor der Staffel








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