Dienstag, 22. März 2016

Schwedischer Meister zum Abschluss

Wie viele Blogeinträge auf dieser Strecke, auf welcher ich mich im Kleinbus des IFK Mora OKs gerade befinde, schon geschrieben wurde, weiss ich nicht. Der Erste ist es auf alle Fälle nicht, denn es ist die Autobahn E4, die ultimative Autobahn von Süd nach Nord. Es ist die letzte Lappland-Reise der Saison, heuer an die verbleibenden Meisterschaften in Älvsbyn, ein Ort, welcher der Blogleser bereits kennt. Diese Autobahn hat es in sich. Während sie um Stockholm wie eine unserer Nationalstrassen ausgebaut ist, verläuft sie durch grössere Orte im Norden wie eine Hauptsrasse mitten durch die Stadt, Fussgängerstreifen und duzende Lichtsignale inbegriffen, sodass der Begriff Autobahn wieder verkommt und man die E4 dann doch wieder Europastrasse nennt.

So weit, so gut, es werden wieder 850km pro Strecke, zurückgelegt an einem Wochenende. Während wir auf dem Hinweg, auf dem ich mich zur Zeit befinde, in einer Jugendherberge in Sundsvall nächtigten, fahren wir den Heimweg durch. Zum Glück habe ich die Autoprüfung noch nicht, sonst müsste ich sicher auch noch eine Strecke durch die Nacht fahren. Wenigstens haben wir im Bus so viel Platz, dass wir die Frontreihe runterklappen konnten und die Beine nun ausgestreckt auf den Vordersitzen liegen.

Ja, und dann habe ich eben wieder einmal Gas gegeben. In einem extrem dicht gespurten Scooternetz, das aber nicht zwingend benutzt werden musste, da Firnschnee herrschte, leistete ich mir keinen Fehler. In einer extrem starken Form bezwang ich das Rennen über die Sprintdistanz am schnellsten und wurde so Schwedischer Juniorenmeister. Ein Ausländer, der gewinnt, schon wieder.
Das hat so richtig Spass gemacht und die turbulente Saison kann auf dem Höhepunkt abgeschlossen werden, egal was das Rennen ab Sonntag bringen mochte.
Als Preis wurde mir übrigens eine Lawinenschaufel am Bankett überreicht, eine Anspielung auf den verpassten Baggerpreis in Obertilliach?
Wir erreichten nach 9 Stunden direkter Heimfahrt Mora am Sonntagabend.
Somit war die Ski-OL-Saison 15/16 Geschichte. Eine Saison, auf die ich mit Stolz zurückblicke. Eventuell habe ich mal noch Zeit, mich einem Rückblick zu widmen, ansonsten müsst ihr euch selbst nochmals durchlesen. Jedoch gibt es noch Fotos aus Obertilliach, die ich euch vorbehalten habe und euch jetzt zeigen kann.

Währenddessen ist in Mora der Frühling eingekehrt. Der Schnee schmilzt sukzessive, die Temperaturen immer im positiven Bereich und die Laufrunden nicht mehr vereist. Ebenfalls beginnt das Tiefbauamt, die Tonnen an Kies, die uns vor glatten Gehsteigen bewahren hätten sollen, wieder einzukehren. Eine mühsame und sicher kostspielige Angelegenheit, aber man will ja um Himmelswillen Salz nur auf Strassen verwenden.

Diese warmen Temperaturen liessen dann auch das sogenannte „steka“ (=braten) zu, das so heiss geliebte Sonnenbaden. An der Hausmauer des Torpets war es schnell genug warm und mit Kaffe, Eis und Musik sassen wir die meisten Nachmittage an der Sonne, ich habe ja nicht so viel Schule, dass ich dies nicht hätte machen können.

Ein langlauftraining am Mittwoch absolvierten Emil, Martin und ich dann in Shorts und T-Shirt. Aussentemperatur 18 Grad, März. 47 Grad Differenz zu den Temperaturen 2 Monate zuvor.
Genug neidisch gemacht.

Für die Osterferien komme ich bereits übermorgen Donnerstag eine Woche lang in die Schweiz, ich freue mich! Die Bilder sind nicht schön geordnet, hat da beim hochladen nicht so geklappt wie gedacht.
Skepsis?

Lars und ich, über was die beiden wohl gerade wieder philosophieren?

Als das ganze Bankett für mich sang...

"Wer nöd gumpet isch kein Schwiizer"

Die strahlenden Sieger des IFK Mora OK



Die Wärme kehrt nach Mora zurück




Langdistanzüberlauf. 

Staffelteam

Der Start zum zweiten Schwedischen Meistertitel

Samstag, 12. März 2016

Volljährigkeit an der Junioren-WM

Nach einer gewohnt langen Reise landete ich am Donnerstagabend in der Schweiz. Das Ankommen wird je länger je mehr zum Kulturschock. Obwohl ich in diesem Land ja heimisch bin, gibt es Dinge, die mich hier einfach stören und in Schweden nie passieren würden. Als ich den Zug mit meinen Gepäckstücken betrete, die alleine gar nicht tragen konnte (ein Schaffner hilf mir beim Verlad), lag in einem Viererabteil eine Frau über alle Sitze. Da der Zug gut ausgelastet war, fragte ich höflich, ob hier noch ein Platz frei sei. Mindestens drei Stück sollten ja noch unbesetzt sein, so meine Annahme. Die Frau knurrte, packte ihr Ware und machte sich aus dem Staub. Beim Ausstieg im Bahnhof mit dem grossen Dach und dem Maestrani-Schriftzug wurde ich von zwei jungen Mädchen angepöbelt, ob das nicht etwas viel sein. Meine Reaktion fiel auf Schwedisch aus, geht einfach leichter mit solchen Individuen. Natürlich überwogen die schönen Momente bei der Ankunft klar. Ich bezog Zuhause das TV-Zimmer, da mein Zimmer von Mikaela, unserer Austauschschülerin aus Neuenburg und ihrem Parfüm bewohnt wird.

Nach einem Tag mit den gewohnten Verpflichtungen brachen wir endlich gegen Osten auf. In eine Woche, die später zur wahrscheinlich besten Woche meines Jahres wird. Im Kleinbus ging es mit Carmen, Andrin, Eliane, Lea, sowie Ursus und Nadeschkin ins obere Lesachtal ins pittoreske Bergdorf Obertilliach, einem Drehort des aktuellen Bondstreifens. Endlich traf ich meine Jungs wieder, die Ski-OLer der Schweiz.

Auch am nächsten Tag ging das muntere Wiedersehen weiter. Alle meine Freude aus ganz Europa traf ich auf den Spuren des Modelevents, der jeder Wettkampfwoche vorangeht. Während es den ganzen Tag weiterschneite, was noch zum Problem würde, ruhten wir uns nach akribischen Skitest im wunderbaren Hotel Oswalderhof mitten im Dorf aus. In diesem schmucken Hotel konnten wir uns wirklich wie zuhause fühlen. Die Grösse war so überschaubar, dass wir es gleich mit uns selbst füllten und die wenigen Angestellten schnell zu guten Freunden wurden. Allen voran die Hotelierin und Gastmutter Viktoria, an die an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön ausgerichtet sei.
Mein Zimmer teilte ich wie gewohnt mit Noel und Lars, die Penthouse-Suite zuoberst unter dem Dach, Blick in die wunderschönen Dolomiten, die sich im Lauf der Woche von ihrer besten Seite zeigten.

Die WM-Woche wurde mit dem Sprintrennen eröffnet. Mein Start war auch 12:37 festgelegt, sodass wir genügend Zeit im Hotel hatten, bis es in die Arena ging. Es schneite die ganze Nacht ununterbrochen weiter und es lagen rund 60cm neuer Nassschnee. Die Organisatoren hatten alle Hände voll zu tun, um irgendwie Spuren zu präparieren, was ihnen nicht in der gewünschten Zeit gelang. Es kam zu Startverschiebungen, so dass die Jugendkategorien in unserem Startfenster starten sollten. 4 Athleten pro Minute. Keine Chance. Das totale Chaos brach aus. Einige starteten 8 Minuten zu spät, andere bekamen ihre Karte zwei Minuten zu früh. Mehr als Recht, dass die Läufe annulliert wurden und am nächsten Tag nachgeholt wurden. Schliesslich erwartet ja jeder Athlet die gleichen Bedingungen.
So heiss es am nächsten Tag also gleich nochmals Sprint. Keine Wolke zur Zierde am Himmel, pures Winterwetter bei frühlingshaften Temperaturen, ein Traum. Mir gelang der Wettkampf eigentlich sehr gut, kein grösserer Bock. Nur war meine Physe noch nicht bereit und ich hatte noch Probleme mit der Höhenluft. So kassierte ich sehr viel Zeit in den Aufstiegen und klassierte mich auf einem passablem 21. Platz, bester Schweizer. Abschliessen und auf die Mitteldistanz hoffen. Dieses Rennen wurde am Folgetag im Massenstart ausgetragen. Ich ergatterte mir eine sensationelle Ausgangslage im Startfeld und konnte gerade am Anfang gut mit der Spitze mithalten. Dann ging der Saft aber wieder aus und die Fehler schlichen sich ein. Zudem wurde ich in einen Massensturz verwickelt, den ich aber ohne Materialschaden, dafür mit grossen Zeitverlust überstand. Es resultierte ein enttäuschender 25. Platz. Zeit für den Ruhetag und der vorangehenden ersten Party, die ich richtig genoss. Zuvor mussten aber noch Pflichten erledigt werden und ich begleitete meinen Freund Nicola an ein Gespräch mit Kalle, meinem Schwedischen Trainer. Nicola will ebenfalls einen Austausch am Skigymi absolvieren. Dieser junge Herr wurde diese Woche gleich 3x Europameister bei der Jugend. Dies wurde jeweils gross zelebriert, wodurch sich die Schweizer an den Rangverkündigungen den Ruf als lauteste Nation machten. Das Training als Capo im Korpeninnebandy zahlte sich aus und ich führte die Fans an allen Rangverkündigungen lautstark an. Es war ebenfalls einfach nur schön, nach so vielen Jahren zum ersten Mal die Schweizer Nationalhymne an einem Ski-OL-Grossevent zu hören. Obwohl eine sehr langsame Version gespielt wurde, sangen wir lauthals mit.

Vom absoluten Traumwetter am Vortag war am heutigen Ruhetag nicht mehr viel zu sehen. Es schneite wieder wie gewohnt, was uns auch den geplanten Biathlonkurs verwehrte. So testeten wir vor allem die Skier nochmals und liefen einige Runden. Am Nachmittag schlossen wir Herren uns zu einem kleinen Teamausflug zusammen und genossen herrliche Eisbecher in einem Cafe. Allen voran das Teamküken Gian-Andri, der sich selbstsicher eine „heisse Liebe“ bestellte ;-)
Wie schon am Abend vor der Mitteldistanz gastierten auch heute wieder einige Norwegerinnen in unserem Hotel für ein geselliges Kartenspiel. Wie toll doch, dass Uno weltweit die gleichen Regeln hat. Rolf servierte sogar eine Vanillecreme bis ins Zimmer, damit wir nicht von unseren Dates davonspringen mussten.

Es stand die Langdistanz an. Eine sehr lange Langdistanz. Am Vorabend wäre ich am liebsten vom Teammeeting davongelaufen, als die Bahndaten kommuniziert wurden. 22,3km und 560 Höhenmeter. Ein würdiges Kräftemessen für die über 50 Junioren im Teilnehmerfeld. Das Wetter zeigte sich, wie für einen Wettkampftag üblich, von seiner besten Seite. Plusgrade, Sonnenschein und genug Zeit vor dem Start, sich ein wenig zu sonnen. Dann galt es aber Ernst. Mit dem Wissen, ein sicheres Verpflegungssystem ausgeheckt zu haben, konnte es losgehen. Es lief mir wirklich gut. Ich machte keine Fehler. Würgte mich jede Serpentine hoch. Ein kleiner Fehler schlich sich nach über einer Stunde trotzdem ein. Im Stadiondurchlauf wurde ich vom Speaker Goggi schon sehnlichst erwartet, was immer ein gutes Zeichen ist. Rolf sagte nur, während ich meine hoch angereicherte Koffeindosis mit Wasser zu mir nahm, dass der acht Minuten vor mir gestartete Lars nur noch 30 Sekunden vor mir liegt. Schnell ein- und überholt lief ich die Schlussschlaufe ein einem Delirium. Nach der Ziellinie lag ich fast reglos auf dem harten Schnee und dem Kartengestell, eine Stunde und 35 Minuten gekämpft, die zweitbeste Zwischenzeit bekommen. Vielleicht wegen der Freude, der Erschöpfung oder Beidem zusammen, brach ich in Freudentränen aus, die ich endlich einmal an einem Ski-OL-Wettkampf mit meinen Eltern teilen durfte. Nach dem Auslaufen zusammen mit Anne, einer neu gewonnenen Norwegischen Kollegin, stand dann auch bald das endgültige Resultat fest, ein fünfzehnter Rang. Zeitgleich mit Noel. Passabel.

Nun kam ein Tag, auf den ich schon lange gewartet habe. Ein Tag, der wie eine Sonnenfinsternis ist. Ski-OL-WM, das Abschlussbankett und der Geburtstag am selben Tag. Es war soweit und der 5. März 2016 war da! Schon beim Frühstück wurde ich mit Gesang, einem riesigen Zopf in der Form einer Achtzehn, Schokolade und vielen Glückwünschen überhäuft. Der Tag begann also perfekt und mit Sandro beging ich meine erste Amtshandlung. Doch leider wollte die Kassiererin den Ausweis beim ersten Kauf von Spirituosen nicht sehen, hat sich also nicht gelohnt! Das Staffelrennen stand auf dem Programm und ich durfte die Schlussstrecke als Zehnter angehen. Ich konnte mich auf einen fünften Platz vorarbeiten, verpasste aber in einer Gabelung den richtigen Posten. Die Enttäuschung war riesig. Aber man soll an seinem Geburtstag nicht traurig sein und das grosse Packen begann am Wachscontainer und ging im Hotelzimmer weiter. Traditionell gab es am letzten Abend im Oswalderhof Schnitzel mit Pommes, wie immer delikat zubereitet von Gastmutter Viktoria. Noch einmal so richtig Gas geben an der Rangverkündigung, mit allen Teamkollegen ergiebig anstossen und das Geburtstagsbankett geniessen. Hier endet aber die Berichterstattung der folgenden Stunden.


Der nächste wunderschöne Morgen brach an und zusammen mit meinen Eltern reisten wir wieder in die Schweiz. Eine Reise geht zu Ende, wie ich sie vorher noch nie erlebt hatte. Es gibt an dieser Stelle so viele Leute, denen zu Danken wäre, was ich aber bei den meisten persönlich machen konnte. Diese eine Woche im Jahr bedeutet mir einfach so unendlich viel und ich freue mich schon auf die Junioren-WM 2017 im Finnischen Imatra.

Das ultimative Teamfoto, alle mit dem Gesicht des Medalliengewinner Christian Spoerry
Mittlerweilen habe ich auch wieder eine verkürzte Schulwoche in Mora hinter mir. Am Dienstagabend erreichte ich das Dorf und die Abbauarbeiten des Wasalaufs waren schon im vollem Gange. Dieser ging am vorangegangenen Wochenende über die Bühne. Er gilt als der grösste Wasalauf aller Zeiten. 68'000 Teilnehmer verirrten sich innerhalb 10 Tage nach Dalarna. Die grosse Ankündigung dann diese Woche: nächstes Jahr wird es einen "Nacht-Wasalauf" geben. 90km mit Start um 20:00, ein echtes Abenteuer und eine persönliche Herausforderung?

Balkonselfie der U20
Im langen Langdistanzrennen
Emotional und erschöpft in Ziel der Langdistanz


Gutaussehende Herren vor dem Bankett


Mit dem Händen die Richtung vorgeben ;-)
SwissTeam

Wieder in Mora auf einem spontanen Marathontürli (42,4km)