Montag, 25. April 2016

Alea iacta est

Die Würfel sind gefallen.
Aber die Würfel sind nicht auf der falschen Fläche gelandet.
Dieser kurze Blogpost wird nicht wie die anderen schön mit Bildern geschmückt, er soll eigentlich nur eine Information verbreiten, die ich bereits vor einigen Wochen über meine privaten sozialen Medien kommunizierte.
Nur weil diese Einleitung sehr negativ geschrieben ist, soll sich aber jetzt noch niemand Sorgen machen, dass es mir nicht gut gut gehen könnte. Nein im Gegenteil, mir geht es gerade richtig gut! :)

Was sich eigentlich schon bei Beginn der Verhandlungen über meinen Verbleib in Mora abgezeichnet hat, musste ich nun selbst durchsetzen. Es ist einfach nicht möglich, meine schulische Zukunft in Schweden leben.
Begonnen hat es ja eigentlich sehr gut, denn ich wusste, dass dieser grosse Wechsel, dieses Auswandern, bereits mehreren Ausländern vor mir am Skigymi gelungen ist. Unter anderem Judith Wyder oder zuletzt meiner Italienische Mitschülerin Stefania.

Ich war davon überzeugt, dass meine zwei Zeugnisse aus Trogen, einem Schweizer Gymnasium notabene, die Erwartungen einer Schwedischen Schule übertreffen werden. Ist das Level nun wirklich nicht immer zu vergleichen.
Den Grund des Scheiterns sehe ich, das sage ich hier offen, im Schwedischen System und im Schwedischen Denken. Dieses lässt sich schlicht nicht mit dem Gewohnten abgleichen.
Klar, manchmal ist es sicher schön, wie ein Schwede zu denken, nur ist meine Schweizer Präzisionsmentalität manchmal schlicht damit überfordert.

Wenn der Schwede zum Beispiel sagt, er meldet sich, meint er damit, dass du dich wieder bei ihm melden sollst falls du das Geschäft, in welchem ihr zusammenarbeitet, als wichtig empfindest.
Aber das wusste ich ja schon vom Anmeldungsprozess.

Es ist seit April definitiv beschlossen, dass ich am 21. Juni um 18:40 wieder in der Schweiz ankommen werde und diesmal nicht nur, um Urlaub zu machen.
Ab August 2016 werde ich dann meine Ausbildung an der Kantonsschule Trogen im schönen Appenzell Ausserrhoden wieder aufnehmen. Ich freue mich eigentlich riesig darauf, wieder in ein geregeltes, gewohntes System einzufädeln, da ich meine Ziele hier in Schweden als erfüllt sehe.
Schule ist etwas, was fordernd sein soll und das war es hier definitiv nicht. Meine Zukunft und mein Traum vom Linienpilot sind mir vorerst wichtiger als das gemütliche Studentenleben.

Es war an der Zeit, irgendwann einen Entschluss zu fassen, darum war es auch ich, der diesen Entscheid gemacht hat, die Schule hätte bis heute nicht ja oder nein gesagt. Ich wurde von keiner Seite zur irgend einer Lösung gedrängt und konnte immer vollstes Vertrauen, vor allem von meiner Familie geniessen. Sie freuen sich aber sicher, wenn sie mich wieder zuhause haben. Gerade wenn man bedenkt, dass meine Eltern dank dem Sprachaufenthalt meiner Schwester in der Romandie ein halbes Jahr kinderlos waren.
In meiner Lebensweise geht es einfach besser, wenn man möglichst viele Entscheide zeitig fällt, damit man danach ohne Unsicherheiten geniessen kann, was ich mittlerweile wirklich in vollen Zügen mache. Der Sommer klopft immer mehr in Mora an, die Tage sind eindrücklich lange und die Tage langsam gezählt. Es kommt einem immer öfters in den Sinn, das dies wohl das letzte Mal ist, dass man etwas solches macht.
Zum letzten Mal auf den Skis, zum letzten Mal ein Wochenende ohne Verpflichtungen in Mora oder zum letzten Mal im Wachsraum der Schule.

Dafür ist die schönste Jahreszeit endlich in vollem Gange. Das merkt man vor allem an den Gemütern der Schweden, die endlich den Winter wieder einmal überstanden haben. Oft sitzen wir am Abend auf dem Steg oder spielen Fussball in der frisch gegründeten Skigyi-Liga mit dem klingenden Namen "Torpsvenskan"
Abgeleitet ist dieser Name von der höchsten Spielklasse Schwedens, der Allsvenskan. Dabei gibt es bei uns gerade zwei Mannschaften. Team Albin und Team Adrian. Es soll eine richtige Rivalität entfacht werden und wöchentlich wird zur Schlacht auf dem "Gödslan", dem hauseigenen Fussballplatz, gerufen.
In der Transferphase gelang es mir, einen Platz im Team Albin zu ergattern, doch leider mussten wir schon im ersten Spiel eine knappe Niederlage (1:2) einstecken. Wir kommen zurück!

Am nächsten Wochenende stehen die nächsten Wettkämpfe in der laufenden OL-Saison an. Vor zwei Wochen konnte ich mehr oder weniger erfolgreich mein Debüt an der Stigtomta-Staffel im zweiten Team des IFK Mora geben. Es war der erste Testwettkampf für die prestigeträchtige Tiomila im Mai. Mein grosses Ziel ist es, dass ich in der zweiten Mannschaft aufgestellt werde, was aber noch gar nicht sicher ist. Es macht wieder richtig viel Spass, durch die Wälder zu rennen und Posten zu finden!







Montag, 11. April 2016

Finalissima in Bruksvallarna

Samstagabend, 2. April.
In einer Küche im "Gula Huset", dem gelben und etwas heruntergekommenen Wohnhaus der ältesten Schülern, sitzen Oskar, Jonny und ich bei einem Bier.
Thema wie gewohnt Frauen, Langlaufen oder eben die bevorstehende Reise der Viertklässler nach Bruksvallarna.
Dieser Skiort, auch Bruks genannt, liegt im Fjäll von Härjedalen etwa 300km nördlich von Mora.
Am Wochenende findet dort der grosse Saisonabschluss der schwedischen Langläufer mit vier Rennen statt. Ein gewöhnlicher Sprint, ein 100m-Sprint, ein 31km-Lauf und ein Skicross. Da liegt also auch eine Prise Spass in der Luft. Da ich keine FIS-Lizenz habe, was bei Juniorwettkämpfen im Langlauf Pflicht ist, habe ich mir es nie überlegt, dort überhaupt teilzunehmen. Nun kommen aber Oskar und Jonny ins Spiel, die berichten, dass man eigentlich nicht nach Bruksvallarna fährt, um Wettkämpfe zu laufen, sonder um das Fjäll zu geniessen, Feste zu feiern und die Freunde anzufeuern.
Mir reichte dies aber noch nicht und ich meldete mich für die Volkslaufkategorie im 31km-Lauf an, um doch noch einen seriösen Grund für die Reise angeben zu können.

Das eigentlich geplante Trainings- und Wettkampfwochenende mit dem IFK Mora in Uppsala abgesagt und die Reise nach Norden gebucht, es kann am Mittwoch losgehen.

Doch zuvor mussten noch zwei Schultage bewältigt werden. Okay, bewältigen ist sicher das falsche Wort, trotzdem hatte ich nicht frei. Das Wetter war schon am Dienstagmorgen beim Langlauftraining nicht so prickelnd. In Mora, das nun definitiv aper ist, regnete es und in Grönklitt war es auch nicht besser. Trotzdem sind die Loipen, die in der Höhenlage immer noch gut fahrbar sind, gefroren und wir kamen zügig voran. Plus 1,6 Grad Celsius und Nieselregen, der Schwedische Frühling von seiner hässlichen Seite.
Doch es kam noch schlimmer und zwar am Mittwoch, den ich ebenfalls in Grönklitt verbrachte. Skitag mit der Schule. Aus dem Nieselregen wurde strömender regen und da ich meine Skihose sowie die wärmsten Handschuhe bereits an Ostern in die Schweiz zügelte, mussten Regenhosen und eine Regenjacke her. Nach zwei Stunden an einem kleinen Skilift wurde es auch mir zu widrig und wir verschoben die Aktion in die "Bergbeiz". Hügelbeiz im Fall von Grönklitt. Wenigstens konnte ich in den wenigen Abfahrten als Schweizer brillieren und kam als Hilfslehrer in der besten Leistungsgruppe zum Einsatz.
Beim Mittagessen kam unser Trainer David zu uns und meinte nur:" Wir "sch*****n auf das hier, wir fahren mit dem Minibus nach Hause". Er sagte das, was sich alle Schüler sehnlichst wünschten und der Bus rollte kurz darauf ins Tal. Der Einzige, der von dem keinen Wind bekommen hatte, war Gustav, der noch mit seiner Freundin die Hänge unsicher machte und nichts mehr anderes sah als seine Angebetete. Irgendwann am Nachmittag kam die Mitteilung:" Hey, wo seid ihr?" Wie er nach Hause kam, weiss ich nicht, aber er ist angekommen.

Heiss duschen und warm anziehen, am ins Auto und nach Norden. Man merkte spätestens nach der Durchfahrt in Sveg, dass wir nun wieder ins Gebiet der Samen vorgedrungen sind. Eine Rentierherde blockierte die Strasse, das Gebiet war kaum noch bewohnt und es wurde immer hügeliger. Als am Horizont dann die kahlen und schneeweissen Berge auftauchen, war es nicht mehr weit und wir erreichten unser Ziel. Ein Blockhaus, von welchem wir eine Hälfte gemietet haben, die für 12 Personen gedacht war. bewohnt haben wir sie mit 18 Personen.

Am Donnerstag stand zunächst eine leichte Langlauftour von unserer Hütte am Ramundberget zum Skistadion in Bruksvallarna, gut 10km und auch die ersten 10km des Volkslaufs vom Samstag. Eine sehr wertvolle Streckenbesichtigung unter anderem, da so die bissigen Steigungen schonmal ausgemacht werden konnten. Auf diese wollte ich mich nämlich fokussieren, da dies die Schwächen der Schweden sind. Mein Plan würde später aufgehen.
Für den Freitag nahmen wir uns wiederum nicht zuviel vor und schauten unseren Freunden beim 100m-Sprint zu. Ein sehr lustiges Wettkampfformat mit beeindruckenden Zeiten. Der aktuelle Weltrekordhalter, der den Wettkampf auch gewann, bestreitet diese 100m in jeweils gut 12 Sekunden. Ein Sprinter schafft die Strecke in 9.58, ein durchaus spannender Vergleich, da die Beschleunigung auf Skiern deutlich schwieriger ist.

Endlich kam der Samstag und mein grosser Auftritt. Ich bin die ganze Saison bekanntlich kein Langlaufrennen gelaufen und schob die Premiere also bis in den April hinein, dann auch gleich noch 31km und 568 Höhenmeter. Eine zu grosse Herausforderung? Nein, obwohl ich nach den ersten drei Kilometern, die ich im Spitzenfeld der Volksläuferklasse mitlief, einen Durchschnittspuls von 185 Schlägen/Minuten hatte. Ich bremste mich selbst aus, um auf der Skipiste, die bald kommen würde, nicht völlig eingehen würde. Die Spitze lief davon und auch meine Skier waren nicht so präpariert, wie dies die meisten Amateure gemacht haben. Karbon vor Kondition gilt ja bekanntlich, abgesehen von mir. In den kleinen Steigungen, die bis Ramundberget zurückgelegt wurden, konnte der kleine und leichte Lukas jeweils wieder an einer hand voll 50-jährigen Hünen vorbeiziehen konnte. Dann kam er endlich, der grosse "Mörderhügel". 350 Höhenmeter am Stück, verteilt auf vier Kilometer. Mein Ding, wie ich schon in diversen Intervalltrainings feststellen durfte.

Auf einer grossen Schlaufe auf dem kahlen Fjäll wurde ich dann endgültig vom nach mir gestarteten Dario Cologna überholt, dessen Tempo ich natürlich nicht halten konnte. Dafür versuchte ich, das absolute Traumwetter mehr zu geniessen. Weitsicht zu den Fjällen im Umkreis vom 100km, Windstille und Schnee en masse machten jegliche Strapazen dieses Laufs absolut nichtig. Leider habe ich noch keine Bilder vom Lauf gefunden, würden aber nachgeliefert, falls welche auftauchen.
Im Ziel dann glücklich mit einer Laufzeit von 1h 31min, leider kein Massenspurt gegen andere Volksläufer, denn den ganzen Schluss bestritt ich praktisch alleine: eine 5km lange Abfahrt zum Stadion zurück.
Im Ziel habe ich dann auch noch mein Wochenziel erreicht, und zwar das Selfie mit dem anderen, etwas bekannteren Schweizer. Dario Cologna. Ein bisschen überrascht war wohl auch er, dass da einfach so mal jemand Schweizerdeutsch konnte. Leider trafen wir ihn dann doch nicht am grossen Fest am Abend, wo wir noch anstossen wollten ;-)

So ging am Sonntagmorgen das grosse Aufräumen und Ausnüchtern der Fahrer los, was wir mit einem gemütlichen Grillen im Freien machten, das Wetter liess das natürlich wieder zu! Doch auch hier sprechen die folgenden Bilder für sich.

Diese spontane Reise war eine der besten Reisen dieses Jahres. So viel Spass, so viele gute Freunde, so schöne Landschaft, so lange Gespräche über belanglose Dinge, so wunderbares Wetter, unvergesslich. Dinge, die man in der Schweiz in diesem Stil einfach nicht hat, und die ich vermissen werde.

Wir schliessen den Blogeintrag mit vielen Fotos, hej då!

Eine tolle Truppe!

Die berühmte Juniorenlangläuferin Malin Börjesjö (Links) und Dario Cologna (Mitte)

Grillen am Sonntagmorgen

Oskar, wohl einer meiner besten Freunde in Mora

Am "Helvetesfallet", einem Wasserfall auf der Heimfahrt

Das Znachtessen kann man wieder auf dem Steg vor dem Haus machen

Nils und ich. Der grösste "Chiller" in ganz Dalarna?