Sonntag, 29. November 2015

Vom Innebandy direkt zum Glöggmys

Weihnachtsstimmung zieht in den Wohnungen des Stentorps ein. Die Zimmerfenster sind mit leuchtenden Sternen oder Kerzen ausgestattet und in den Stuben wird fast täglich zu "Glöggmys" geladen. "Mys" ist ein sehr sehr schönes Wort, Google kann es nicht übersetzten, ich will es mindestens versuchen. Zuerst einmal kann es Verb und Nomen zugleich sein, als Adjektiv heisst es dann "mysigt".
Man stellt sich also vor, dass man in einer Wolldecke gehüllt mit einer Gruppe Skigymnasiasten auf einem Sofa sitzt, alle eine Tasse "Glögg", ein schwedisches Weihnachtsgetränk in der Hand sowie Pepparkakor (Pfefferkuchen) und Lussebullar (Zopfteiggebäck mit Safran) auf dem Tisch. Dazu einmal nicht Rammstein, sondern eher sanfte Töne, das ist "Mys". Gemütlich trifft den Nagel noch nicht ganz auf den Kopf, jedoch auch nicht mehr weit davor entfernt.
Alle, die diesem Blog lesen und ein besseres deutsches Wort kennen, sollten doch die Kommentarfunktion für Korrekturen verwenden!

Der IFK Mora OK lud am Samstag zum grossen Jahresfest. Zuerst durften wir aber die Jahresplanung mit dem Elitekomitee durchgehen sowie zur Siljanstrophy antreten. Dieser Wettkampf ist eben kein gewöhnlicher OL, nein. Auf drei Karten wurden gelaufen, zum Beispiel einer Orthofotokarte oder einem Exemplar, das mit 1710 datiert war. Das ganze führte über 13km durch die Siedlungen in Mora. Ehrungen, ein Troubadour, Liveacts aus dem eigenen Club oder Spielwettkämpfe (bei dem ich auf Rang 6 von 75 abschloss), liessen sich nicht mit einer HV der OLG St. Gallen/App. vergleichen. Bis in die Morgenstunden wurde noch fröhlich getanzt und irgendwie fanden auch alle wieder nach Hause.

Am Sonntagabend gab ich mein Comeback im Unihockeyteam. Nach sieben Wochen kein, der nur sehr lockeres, Training war dies eine absolute Katastrophe. Meinen wenigen Fähigkeiten, dem schnellen Laufen zum Beispiel, wurden ganz rabiat Grenzen gesetzt, sodass ich mich im Gewand eines alten, korpulenten Mannes wiederfand, schwer atmend bei jedem Spurt.
 Klar also, dass kein Aufgebot für den Match am Montag eintraf, umso wichtiger der Einsatz wie gewohnt in der "Klack", der Fankurve, wo er entsprechend effektiv war. Kantersieg gegen den Tabellenletzten.

"Die stolzen Langläufer", unsere Ultras
An dieser Stelle erwähne ich etwas, wovor ich mich lange gescheut habe, obwohl es kein Tabuthema ist. Denn dieser Montagabend brachte auch Trauriges mit sich. Der treue Blogleser kennt Anna.
Leider wird das mit Anna nichts festes, so wie ich es mit gewünscht habe. Was dazu führte, kann ich mir auch nicht erklären, es gilt allerdings, nach vorne zu schauen, was ich auch mache und dies gelingt sehr gut. Schliesslich habe ich auch hier die Freunde, mit denen ich über alles sprechen kann und mit denen ich sehr sehr viele unterhaltsame Abende habe.

Am Dienstag mussten wir früh raus, uns wurde Blut abgenommen. Diesmal geht es mit den Resultaten hoffentlich nicht wieder 5 Wochen. Da es sich nicht gelohnt hätte, bis nach Grönklitt zu fahren, trainierten wir kurzerhand mit den Laufschuhen unten in Mora. Aufregend auch nur darum, dass wir uns fast verlaufen und einen Kameraden verloren hätten sowie ein Hermelin antrafen.
Der Abend klang im Tingsnäs aus, Glöggmys und Männergespräche wie gewohnt.

Was uns im Jahrgang irgendwie stolz macht ist, dass wir als ganze Gruppe sehr viel unternehmen. Wie auch heute, denn das Kino in Mora mussten wir endlich einmal unter die Lupe nehmen. Damit war der Tag aber noch nicht beendet, wieder galt es, die Unihockeymannschaft zu pushen. Allerdings waren wir nur zu dritt auf der Tribüne, umso lauter deshalb. Gegen den Gruppenersten war die Partie auf dem Papier schon entschieden, nicht aber nach der ersten Habzeit, da führte "Skidgym" noch 3:1! Das spiel endete nach einer schwachen Schlussphase 4:4, fast hätte es noch zum Sieg gereicht.
Habe ich mir für den Donnerstag noch einen ruhigen Abend vorgenommen, wurde schon wieder zum Glögg geladen, man kann ja nicht nein sagen...
Vielleicht am Freitagabend? Kaum, denn im Tingsnäs wurde, wie könnte es anders sein, Glögg offeriert und anschliessend Fussball in der Turnhalle gespielt.

Nach einem Langlauftraining auf einer miserablen Loipe (der Herbst ist zurück: Wind, Regen und ?8 Grad) duftete es plötzlich angenehm weihnachtlich in unserer Küche. Martin und ich veranstalteten den grossen Backtag. Von schwedischen Lussebullar zu Zimtsternen und Mailänderli, jeder Gast, der heute zu uns kam, konnte sich am Gabentisch bedienen. Natürlich verlief die Fertigstellung dieser Kekse nicht ohne Komplikationen, die Nachbarn mussten uns zweimal mit neuen Eiern beliefern, da Helfer Emil einfach keine Eier trennen konnte...


Fifa auf der Playstation, Glögg und Kekse, so klang der Abend im Stentorp dann aus.

Mir geht es zur Stunde, es ist Sonntagnachmittag, 16:00 und schon stockdunkel, richtig gut. Ich habe diese Woche gemerkt, wie viele gute Freunde ich hier oben schon gefunden habe und wie wertvoll es ist, sich offen in ein solches Abenteuer zu stürzen. Ich kann offen auf Menschen zugehen und mit ihnen endlich auch so sprechen, dass nicht nach dem ersten Satz klar ist, dass ich Ausländer bin. Dies wird belohnt und es macht mir Freude, in diesem Umfeld hier meine Zeit zu verbringen.

Die letzten 100 Tage bis zum Wasalauf sind angebrochen, Gruss aus Mora!



Samstag, 21. November 2015

Der Schnee ist da!

Welch' eine Ankunft in Mora, wenn man aus dem so überdurchschnittlich warmen Herbst in der Schweiz zurück kommt. Temperaturen um den Nullpunkt und der erste Schnee! Mühsam nur, dass schon überall viel zu viel Kies auf die Trottoirs geworfen wurde und die Rollkoffer ziemlich zäh zum ziehen waren.
Der erste Schneefall wurde mit einem Jogging gefeiert
Nun ja, so viel Schnee war es dann doch nicht, trotzdem konnte in Grönklitt mit Schnee aus dem Vorjahr und jeder Menge Kunstschnee eine Runde ausgelegt werden.

Ab Dienstag konnte ich diese dann auch nutzen, war ich doch endlich vom Pfeifferschen Drüsenfieber befreit. Wie gewohnt steigen wir aber chronologisch ein. Die Woche in der Schweiz ist in einem Blog über mein Leben in Schweden wohl nicht so erwähnenswert, auf alle Fälle war es sehr toll, auch mal etwas länger zuhause zu sein.
Am Samstag durfte ich an dem Swiss Orienteering-Fest in Trimbach teilnehmen und alle meine Freunde wieder treffen, das war richtig toll! Nach dem rauschenden Fest ging es am Montagmorgen mit dem ersten Flieger wieder nach Norden, in den kalten dunklen Norden. Während es gegen 8 Uhr hell wird und die Sonne den Stentorpsgatan nicht mehr vor 9:00 erreicht, geht diese um 15:00 schon wieder unter, um 16:00 ist es dunkel.

Die ersten Schneekilometer
Und endlich dieser Dienstag, endlich mein Comeback nach sechs Wochen, endlich die ersten Schneekilometer verbuchen, endlich wieder mit der Gruppe unterwegs sein. Schöner könnte diese ersten 18km nicht gewesen sein, obwohl die Technik zuerst noch entrostet werden musste.
Die Unihockeysaison war weiterhin in vollem Gange, am Abend stand das zweite Saisonspiel an, in dieser Runde brachten wir aber nur eine sehr kleine Fantruppe zusammen, eine umso kräftigere. Schlagzeilen schrieb dabei Baien, der in letzten Spiel noch Tore schoss und jetzt die Fankurve anführte. Der gute Herr aus Stockholm ist Fussballultra und besitzt eine Schachtel Pyromaterial in seiner Wohnung. Dass seine Sprechgesänge beim Schiedsrichter nicht gut ankamen, kam er in Form einer Verwarnung zu spüren, am Ende des Spiels kam es zur Diskussion mit dem Unparteiischen und die Geschichte wird ein Nachspiel haben.
Im Gegensatz zur letzten Runde werden die Gesänge dieses Mal nicht übersetzt ;-)

Am Mittwoch feierte ich eine spezielle Premiere, mein Einsatz als Deutschlehrer begann. Es machte mir ziemlich viel Spass, etwas über meine eigene Sprache zu vermitteln, auch wenn mich die Lehrerin immer wieder bremsen musste, wenn ich den Schülern sagte:"so geht es auch, ist einfach Slang-Deutsch".
Der Abend nach der Heimfahrt aus Grönklitt nach weiteren 20km auf dem Schnee muss nun aber als Chronik dargestellt werden:

16:10: Abfahrt in Grönklitt, Sitzplatz neben Sebbe, einem eingefleischten Hockeyfan

16:20: Wir erfahren von Fahrer Kalle, dass heute Abend das grosse Siljans-Derby steigt, die beiden Hockeyvereine aus Mora und Leksand treten gegeneinander an. Sebbe ist Leksand-Fan, wusste dies trotzdem nicht.

16:30: Es sind noch Tickets vorhanden! Allerdings beginnt der Match um 19:00 und wegen einer Störung gäbe es anscheinend Einschränkungen im Zugsverkehr bei Leksand, wir trauen dieser Sache nicht.

16:40: Wir erreichen den Essenssaal am Gymnasium, Sebbe erkundigt sich bei anderen Leksand-Fans, ob sie dem Match beiwohnen.

16:45: Tatsächlich, Frosten wird mit einem Fanbus aus Älvdalen nach Leksand reisen, er kontaktiert sofort den Fahrer, ob es noch mehr Sitzplätze gibt. Volltreffer, die Antwort ist positiv.

16:55: Fertig gegessen, ich renne in meine Wohnung, ziehe mich um und buche via das Handy die Tickets

17:05: Unterwegs zum Treffpunkt mit den beiden Fans, die natürlich in den Leksand-Trikots anmarschierten.

17:30: Im Fanbus unterwegs in die "Norra Stå", der Fankurve. Wie sie alle behaupten, die beste und traditionellste Fankurve Schwedens.

18:40: Die Stehplätze bezogen, die Stimmung in der Kurve steigt, ich habe eine Ahnung was sie alle schreien, schreie aber auch mal mit, wie es der "Klackledare" befiehlt.

19:00 Der Match nimmt seinen Lauf.

Was mich positiv überraschte, war die positive Stimmung in der Kurve. Der Gegner wird nicht ausgebuht, es wird einzig und allein die eigene Mannschaft angetrieben. Das Spiel ging unglücklicherweise 1:3 verlohren, trotzdem gefiel mit der Abend und verstehe nun auch, was ich da gesungen habe.

Donnerstag Pizza-Tag. Wiedermal fand sich eine muntere Herrentruppe im Bahnhofskiosk, wie gewohnt mit anschliessendem und kaum mehr aufhörenden Männergespräche im Tingsnäs. So klingen die besten Abende hier am Skigymi aus, diese Jungs sind richtig gute Freunde geworden und nich darf Teil dieses Verbundes sein. Englisch gibt es nun definitiv nicht mehr für mich!

Weitere Schneekilometer bei bestem Wetter am Freitag. Nun zeigt sich Dalarna von seiner besten Seite. Zur Stunde ist es -7 Grad Celsius und keine Wolke ziert den Himmel, es riecht nach Winter, ein seidenfeiner weisser Hauch von Schnee liegt auf den Dächern, die ersten Seen sind gefroren.
Die Woche war sehr umtriebig, die Zeiten der Langeweile sind vergessen, es gibt wieder genug zu tun, auf stehen Prüfungen an, die wegen der Sprache eine Doppelbelastung bereiten. In Biologie muss ich Wörter wie Kreislauf, Zersetzung oder Zellatmung übersetzen, damit ich die Aufgaben überhaupt verstehe. Habe aber noch ein ganzes Wochenende Zeit, um diese Herausforderungen zu meistern, in meinen nun 100 Tagen in Mora habe ich definitiv schon grössere Aufgaben erfolgreich bestanden.
Winter in Grönklitt



Dienstag, 17. November 2015

Der Rückblick nach 95 Tagen

Im August habe ich die Schweiz mit dem Reiseziel Schweden verlassen.
Eine Reise in´s Ungewisse? Vielleicht. Ein mutiger Schritt: auf jeden Fall. In diesem Artikel blicken wir auf meinen Anfang in Mora zurück und blättern nochmals durch das virtuelle Buch von positiven wie auch negativen Erfahrungen, die ich bislang machen durfte. Gedanken aus einer Zugfahrt durch den tristen Schwedischen Herbst und dem ersten Schneefall in Mora.

Beginnen wir mit der wichtigsten Aussage: ich bereue diesen Schritt auf keineswegs, nein, ganz im Gegenteil, ich glaube, mit dem Umzug nach Mittelschweden alles richtig gemacht zu haben. Klar, es gibt eigentlich viele Punkte, die gegen einen solchen Schritt argumentieren. Ich verliess ein funktionierendes Umfeld mit guten Freunden, einen guten Ausbildungsweg sowie meine Familie. Trotzdem fiel mir dieser Entscheid nie schwer, da ein lang ersehnter Traum überwiegen konnte. Ich bekam die Gelegenheit, soviel Sport wie möglich zu machen, neue, absolut geniale Freundschaften und Kontakte zu knüpfen, eine neue Sprache zu lernen und in einer neuen Kultur zu leben. In der Schweiz habe ich mir dieses neue Leben oft ausgemalt, mir viele Hoffnungen gemacht und neue Chancen gesehen. Diese Chancen habe ich bekommen und diese Hoffnungen und die farbigen Bilder wurden Wirklichkeit.

Unser Steg im Herbstlicht
Meine Ankunft wurde mir von allen Seiten so leicht wie möglich gemacht. Die Trainer kümmerten sich von Anfang an um mich und regelten die Dinge mit Schule und haben es sicherlich auch geschafft, dass ich sie als Vertrauenspersonen ansehe. Allen voran mein zuständiger Coach Kalle. Dazu kommen auch die ganzen Anspruchspersonen im IFK Mora, in welchem ich ebenfalls schnell aufgenommen wurde. An dieser Stelle gilt es auch Simon zu erwähnen, dem anderen Schweizer im Verein, der mir diverse Dinge wesentlich vereinfachte, durch ihn konnte ich auch mein Gepäck beim eigentlichen Umzug im August halbieren.
Es gäbe an dieser Stelle so viele weitere Namen, die mir dieses Erlebnis zu dem gemacht haben, was es ist, alle zu erwähnen, wäre eine sehr lange Geschichte.

Abschliessend will ich erwähnen, dass aber alle meine Mitschüler die wichtigsten Perosnen waren. Es begann bei Small-Talks im Training mit den Gleichaltrigen und und endete bei den ältesten Schülern, die sich doch die Mühe machten, mich in die Gruppe einzugliedern, was ich nicht selbstverständlich finde. Klar, ich war eine offene Person und kann auf Leute zugehen, hier kam man aber vor allem auf mich zu. Man kam auf den Fremden zu, den Schweizer, der jetzt schon als Schwede behandelt wird.
Aus meiner Sicht ist dies der Grund, warum ich mich hier am Mora Skidgymnasium so geborgen fühle.
Okay doch, Anna, Emmy, Elin und Axel dürfen speziell hervorgehoben werden, habe ich in diesen jungen Menschen beste Freunde gefunden, die mich von Anfang an oft zum Lachen gebracht haben oder für mich da waren, als mein erstes Heimweh aufkam.

Mit der Zeit kam es immer besser mit der Sprache, was für viele meiner Klassenkameraden bedeutete, dass sie nicht mehr Englisch mit mir sprechen mussten. Vielen war es nämlich unangenehm, vor anderen Schweden Englisch zu sprechen, was dazu führte, dass die Konversation nicht gesucht wurde. Somit war dieses Problem auch gelöst. Mittlerweile geht die Sprache ziemlich fliessend, nur mit den Zeitformen hapert es noch, ich kann mich aber problemlos unterhalten. Weitere Aspekte der Kultur, die unterschiedlicher ist als man zunächst denkt, wurden mir laufend aufgezeigt, vor allem gewisse Sitten im Umgang mit menschen waren für mich neu, allen voran der „Jantelagen“ dessen Inhalt etwa so viel wie:“ich bin nicht besser wie du, du bist aber auch nicht besser als ich“ bedeutet.

Dieser Rückblick fällt alles in allem also nur positiv aus, ich geniesse jeden Tag hier, mein Leben hier ist ein absolutes Privileg, dass ich sehr zu schätzen weiss. So viele tolle, hilfsbereite, lustige und offene Menschen an einem wunderschönen Ort in einem wunderschönen Land, das sind die beiden Faktoren in dieser Formel für meine Zeit hier. Ganz nach dem Lied des Deutschen Interpreten Axel Bosse: „Schönste Zeit“.

Nebst den sozialen Aspekten, die ich bislang vor allem erwähnt habe, gab mir dieses Schweden noch mehr. Ich fand immer mehr zur Ruhe, ich konnte so viele negative Dinge in der Schweiz zurücklassen und Positives mitnehmen. Die Ruhe in der Natur, diese Weitläufigkeit, die Wildnis, die haben mich in ihren Bann gezogen. Ich brauche im Moment keine hektische Stadt, Mora passt einfach. Etwas, was der Schweiz allgemein fehlt, wie sollte ich auch auf eine Biketour gehen und während dieser Zeit keiner Menschenseele und nur einer handvoll begegnen?

Es gäbe eigentlich so viele Dinge dazu zu erwähnen, das virtuelle Buch am Anfang dieses Posts ist wohl umfasender als so mache Enzyklopädie, etwas zusammengefasst in diesem Blog, nicht nur in diesem Artikel. Wenn du also wirklich alles wissen möchtest, dann kannst du mit dem Lesen ja nochmals beginnen, vorausgesetzt das gestresste Arbeits- oder Schulleben raubt dir nicht die kostbare Zeit, wie es des öfteren bei mir der Fall war und unter anderem ein Grund gewesen ist, hierher zu ziehen. Trotzdem glaube ich, dass ihr nach dem Lesen nur dieses Artikels wisst, wie gut es mir eigentlich gerade geht, dass ich, wie es Hermann Schönbächler, die Schweizer Kultfigur sagen würde "meiner Bestimmung zugeführt werden konnte". 

Mit diesem wunderbaren Zitat schliessen wir diesen Artikel, ihr könnt euch sicher sein, dass ich weiterhin regelmässig schreiben werde, da mich so viele tolle Feedbacks erreichen und auch die Aufrufsstatistiken unerwartet hoch liegen, es ist mir eine Freude, weiter zu machen. Weitergehen soll es auch im gleichen Stil für mich hier in Mora, auf einen schneereichen und erlebnisreichen Winter!

Donnerstag, 5. November 2015

Kein Trainingslager gleich Schweiz

Die Gleichung im Titel ist jetzt etwas verwirrend, das könnten wir aber im Verlaufe dieses Artikels noch ändern.
Mit meinem Pfeifferschen Drüsenfieber geht es wie gewohnt weiter, keine Symptome, nur Blutwerte, aus denen nichts gutes schliessen lässt. Weiterhin darf ich nicht trainieren, was dann zu den eigentlichen Problemen führt, mit denen ich mich momentan herumschlagen muss. Der seelische Schmerz, der mir durch die ganze Krankheit zugefügt wird, ist um einiges schlimmer.

Wie schon in den Ferien bin ich weiterhin ziemlich einsam, denn nebst der Schule kann ich in Moment einfach nichts machen, ich bin zuhause, mal draussen und so verschmelzen die Tage nur sehr zaghaft. Nach einem Gespräch mit den Trainern war dann auch klar, dass es nicht allzu viel Sinn macht, in´s anstehende Trainingslager zu fahren, Destination wäre, wie schon im Herbst, Idre gewesen.
Da ich es hier alleine keinen Tag länger aushalten würde, wenn alle meine Freunde weg wären, entschieden wir, meine Familie, mein Trainer und ich, dass ich schon Übermorgen Samstag wieder in die Schweiz fliege! Diesmal wird der Aufenthalt aber mehr als doppelt so lange, ich bleibe stolze neun Tage. Mal schauen, ob ich danach noch Schwedisch spreche ;-)

So, lassen wir das Negative nach den Schemen der dialektischen Erörterung hinter uns, ich weiss auch noch einige positive Dinge zu berichten!
Mora wurde in der letzten Tagen nämlich vom wunderschönen Spätherbst erfasst, die Temperaturen stiegen sogar wieder ein den zweistelligen Plusbereich.
Obwohl keine knallgelben Blätter mehr in den Birken am Stentorp hängen, hatte auch diese Zeit ihren Reiz, die letzten warmen Sonnenstrahlen mussten noch aufgesaugt werden, denn jetzt geht es definitiv bergab. Nebel, Kälte und die einsetzende Dämmerung vor 16:00 läuten den Winter ein, von Schnee aber noch keine Spur.

Und Sport, ja das gab es jetzt doch noch, nicht nur Fifa an der Konsole, nein, Unihockey!

Die lang ersehnte Lokalliga, der Korpen, begann gestern. Für das erste Spiel wurde das ganze Skigymi mobilisiert und mit Autos ins Stadion, ja Unihockeystadion, gefahren, wo wir auf den Rängen schnell Stellung bezogen. Gegner heute Abend: "Hanson Motor", eine lokale Autofirma.
Mit meinen Kuhglocken, gut 50 Fans und einer Pauke feierten wir unser Team schon beim Auflaufen auf das Spielfeld. Unsere Fangesänge waren noch nicht ganz ausgereift, jedoch sehr laut, hier einige feine Beispiele, Pauken und Klatschrythmen müssen selbst ausgemalt werden:

  • "Hanson Motor hat keine Kunden!"
  • "Baien (einer unserer Starstürmer) stemmt 100 (Kg) auf der Pressbank!"
Schöne Statistiken, sowie unser Matchplan und Berichte findet ihr auf unserer Facebookseite, sowie auf der offiziellen Seite der Liga.

Im Vorfeld wurde mit einer Niederlage gerechnet, da letztes Jahr kein Ligaspiel gewonnen wurde. Doch was dann geschah, war magisch: Von Beginn an dominierte Skidgym die Autoverkäufer, man liess defensiv keine Chance und offensiv ging man in den Frontalangriff, unsere voll getrainierten Stürmer, so wie ein Traktor oder Panzer, hielten den Torwart des Gegners unter Dauerbeschuss.
Nach acht Minuten erlöste uns "Allerhed" nach einem phänomenalen Zuspiel von "Baien", die Eins stand! keine 100 Sekunden vergingen, bis unser Torgarant Axel Aflodal zuschlug und nur 18 Sekunden später schoss uns Albin definitiv in's Glück, die Tribüne stand Kopf und der amtierende Capo schon jetzt heiser.
In der zwölften Minute war dann aber unser Torwart Hugo zum ersten mal geschlagen, der sonst eine sehr stabile Leistung an den Tag legte. Es sollte aber das einzige Gegentor des Abends bleiben.
Auch in der zweiten Halbzeit liess der Druck nicht nach, Captain Herbert brachte es auf den Punkt: "voller Krieg" das Motto unserer Mannschaft. Das nächste Tor folgte alsbald, wieder von einem Erstklässler erzielt. "Pungen" hiess der Torschütze, Axel Alfodal mit dem herrlichen Zuspiel.
14 Sekunden später erhöhte der Captain auf 5:1, kurz vor Ende dann nochmals auf den Endstand 6:1, was für eine Freude! 
Ein fulminanter Start in die Saison, so darf es weitergehen!
Damit verabschiede auch ich mich, der Reis im Reiskocher gart schon und die Chicken-Nuggets in der Pfanne brutzeln!



Montag, 2. November 2015

Schweizerreise

Als das Wochenende endlich zur Neige ging, durfte ich wieder einmal packen und mir einen Boardingpass auf¨s Handy laden. Es war soweit, es ging für vier Tage in die Schweiz! Die sozialen Interaktionen beschränkten sich auf die kargen Worte mit der Kassiererin im Supermarkt. Eine Tatsache, mit der ich langsam bekannt gemacht werde. Es ist einer der schmerzlichsten negativen Punkte, der mir bislang in meiner Zeit hier widerfahren ist; die Einsamkeit. Allerdings tat es sicher auch einmal gut, ich hatte viel Zeit für Alles, was Zeit in Anspruch nahm. Ein Gut, dass es in der Schweiz nicht gibt und nie geben wird.

Ja, und dahin führte meine Reise, als ich am Montagmorgen den Zug nach Stockholm bestieg. Besser gesagt aber nur bis Borlänge, ab dort fuhr wegen einer Entgleisung kein Zug mehr, ein elendslanges Warten auf einen Ersatzbus stellt sich ein, immer die Abflugzeit im Hinterkopf.
Eine geschlagene Stunde ging es also bis ein Car auftauchte und uns direkt vor das Terminal in Stockholm-Arlanda chauffierte. Es soll erwähnt sein, dass dabei nie gemeckert wurde, jeder Reisende behielt seine Emotionen für sich. Dies soll ein Verweis auf 5 Minuten Verspätung bei der SBB sein...
Mein Mitbewohner Martin erreichte Mora am darauffolgenden Wochenende mit 2,5 Stunden Verspätung, also geniesst eure Bundesbahn in der Schweiz!

Im schönsten Abendlicht entstieg die kleine SAS-Maschine dem schwedischen Spätherbst, brachte mich in die schon fast mediterran anmutende Schweiz und bei der Ankunft in St. Gallen wurde ich mit Schwedenfahnen willkommen geheissen, danke! :)

Am Dienstag ging es früh los mit einem Arztbesuch. Das ist immer noch so eine Sache, die in hier oben schwer lösbar zu sein scheint. Auf die Resultate meiner Blutproben vor nunmehr drei Wochen warte ich auch heute noch. In der Schweiz gab es dann am Freitag danach das Telefon, dass sich der Verdacht eines Pfeifferschen Drüsenfiebers bestätigte, Zusammen mit einer Entzündung an der Leber, eine nicht allzu heitere Sache also, zwei weitere trainingsfreie Wochen sind angesagt. Jedoch mein Arzt in der Schweiz, man bemerke, es ist der Teamarzt des Olympiateams, vermittelte mir gleich einen neuen behandelnden Arzt in Dalarna. Wie könnte es anders sein, Teamarzt der schwedischen Langlaufnationalmannschaft. Diese Sache ist also auch aufgegleist, brauchte aber so seine Zeit. 
Wie hald alles in Schweden. Es wird schon irgendwie und irgendwann klappen, vielleicht aber nicht in der Zeit wie es sich das Perfektionistenvolk aus den Alpen gewohnt ist.

Nach einem feien Nachtessen mit meinem Grossvater hielt ich am Mittwoch zwei Referate an der Kantonsschule Trogen. Meine Klassenkameraden wussten nichts davon, unter strikten Geheimhaltungsmassnahmen und Notlügen kam es zur grossen Überraschung, alle schienen glücklich über den Besuch und die mitgebrachten Zimtschnecken.
Dicht getaktet nahm der Tag seinen weiteren Lauf, ich traf zwei weitere Freunde und leitete am Abend das Vereinstraining, bevor es am Donnerstagmorgen schon wieder zum Flughafen ging.

Treue Leser zeichnen sich jetzt damit aus, dass sie die Geschichte kennen, wie ich an einer Tankstelle für fünf Kronen eine Wurst und eine Packung Schokolade erwarb, ähnliches widerfuhr mir auf dem Heimflug, hier die Geschichte:
Die Burnout-Touristin (Annahme des Autors; die Frau reist Ende Oktober in den äussersten Norden Schwedens, zu dieser Zeit eine Region mit Minusgraden, ersten Schneefällen aber viel Ruhe und telefoniert vor dem Abflug aufgeregt mit einer Freundin, dass sie nun endlich dem Geschäft entfliehen könne), hatte nur grosse Scheine mit sich und konnte ihr Cola so nicht bezahlen, da die FA (Flight-Attendant) kein Wechselgeld hatte. Der flotte Schweizer Sitznachbar, der zum Glück gleich noch Schwedisch sprach (im Gegensatz zur Touristin, die sehr karges Englisch lieferte), wechselte der guten Frau schnell sein Münz weg, was die FA geschätzte tausend Mal lobte. Seine eigene Bestellung, ein "Wrap of the day" konnte er dnan aber auch nicht mehr bezahlen. Die Stewardesse werde später nochmals kommen. Dem war aber nicht so, ich suchte sie also in der Bordküche auf, wo mich die FA wieder in den höchsten tönen lobte, mit die Kosten erliess und betonte, dass dies nur bei SAS geschehe. Ich betonte im Gegenzug, dass ich ja immer mit SAS fliege ;-)

Am Samstag erhielt ich meinen Mitbewohner zurück, die Stimmung wurde wieder heiterer, jetzt hat die Schule auch wieder Fahrt aufgenommen. Okay nein, ein Lehrer erschien an diesem Montagmorgen in Geschichte nämlich nicht, ohne jegliche Entschuldigung.

Leider war der Abstecher in die Schweiz viel zu kurz, die Zeit verging wie im Fluge, es hat sich aber allemal gelohnt. Zurück bin ich wieder am 21. Dezember um 21:45 in Zürich, bis bald!