Sonntag, 6. September 2015

Idre-Lager Teil 2, TREKig!


Lion´s Cereals, mein Lieblingsmüsli, mit Himbeeryoghurt vor dem Fernseher, eine Sendung über die DC-3, ein legendäres Passagierflugzeug aus den Dreissigern, die Wäsche in der Maschine, die Tasche ausgepackt, wenn nur jeder Sonntagnachmittag-nach-dem-Wettkampfwochende so wäre. Zumindest heute war es sehr entspannt. Die Wäsche vom Trainingslager fand ich übrigens schon zusammengelegt auf meinem Bett vor, Gottseidank war Martin dieses Wochenende zuhause.

Um chronologisch korrekt einzusetzen, springen wir wieder nach Idre. Der Tag begann chaotisch. 9:00 war Training angesagt, Stockgang am Morgen, OL am Nachmittag, soviel ich verstand.
Jedoch legte mir mein Schwedisch das Handwerk: für uns OL-Läufer war das OL-Training am Morgen. Schnell umgezogen konnte ich dann doch noch pünktlich erscheinen, für die Dobb-Spikes reichte es dann aber doch nicht, was mir im durchnässten Wald auf den Moosen und Steinen noch zum Verhängnis werden sollte.
Das Gelände heute für einmal gut belaufbar und eine angenehme Weitsicht, dafür nur Höhenkurven. In 30s-Abständen wurden wir auf jeweils gut 400-900m lange Bahnabschnitte gejagt, immer drei Läufer in einem Pulk. Dazwischen kurze Marschwege zum nächsten Start. Zumindest diese wären etwas für meinen Vater gewesen, nein, das ganze Training hätte ihm gefallen. Natürlich nicht wegen dem OL, sondern wegen dem grossen Rentiergeweih, das wir auffanden. Zu schade, waren wir in einem intensiven Training und nicht auf einer Blaubeer-Pflück-Tour (okay, ein wenig schon...)


Die Karte ist nicht reduziert, wirklich nicht!

Nach einem Technik-Training auf den Skating-Rollskis war der sportliche Teil meines ersten Trainingslager in Schweden Geschichte.
Mittlerweilen sind wir Jungs aus dem neuen Jahrgang schon sehr gute Freunde, wie die Heimfahrt im Bus bewies. Über Frauen reden die Schweden hier sowieso die ganze Zeit, auch die obligate Runde (oder Runden...) Curvefever durften nicht fehlen. 

Für diejenigen, denen dieses legendäre Spiel kein Begriff ist:
Curvefever ist ein Multiplayerspiel, welches gewöhnlich auf einer einzigen Tastatur gespielt wird, jedoch auch diverse Laptops gekopplet werden können. Man ist dabei ein Punkt, der eine Linie nach sich zieht, die immer wieder Lücken hat. Die Linien können dann nur an diesen Stellen gequert werden, ansonsten muss man sich im Gewirr mit den Gegnern einen Weg suchen, um zu überleben.
Das Spiel gilt zu den beliebtesten Spielen in OL-Lagern.

Erst bei der letzten Begegnung mit dem Ortsschild von Idre fiel mir übrigens auf, dass die Ortschaft in zwei Sprachen angeschrieben war. Nicht etwa, weil wir nur 30km von Norwegen entfernt sind, nein, Idre ist das südlichste Dorf im Einzugsgebiet der Samen, ein indigenes Volk, dass im ganzen nördlichen Skandinavien lebt.

Nach dem Auspacken kam Anna von der Wohnung unter uns. Dabei hatte sie "Köttfärskås", Gehacktes, und einen halbvollen Reiskocher. Super, so ist das z´Nacht schnell gemacht, bei diesem Wetter mussten wir selbstverständlich auf dem Steg essen, so wie wir es bereits kennen.

Ausschlafen war am Samstag kein Thema. Schon um 07:45 sass ich mit Isabel und Henrik im Auto von Artem, unserem ukrainischen Elite-Läufer, auf dem Weg nach Grängesberg zu den Distriktsmeisterschaften über die Mittel- und Langdistanz.
Diese waren gut 14 Meilen von Mora entfernt. Wer nun nicht versteht, wieso wir fast 2 Stunden unterwegs waren, soll nun aufgeklärt werden. Meilen in Schweden haben nichts mit der Amerikanischen Masseinheit zu tun. Hier meint man damit 10km.

Die Mitteldistanz am Samstag war nichts Spezielles. Klassisches Dalarna-Gelände, eine tolle Bahn und eine gute (und günstige) Waffel in der Festbeiz. Schön war allerdings, dass für diesen Wettkampf, analog zum O-Ringen, wieder Openair-Duschen errichtet wurden!
Meine Freude war gross, als ich an diesem Wochenende den OLG-ler Pädi Zbinden traf, der bis Ende Oktober noch in Dalarna weilt. Obwohl ich die wichtigsten Begriffe, um meinen Lauf im Ziel zu umschreiben, bereits beherrsche, ist es immer wieder toll, auf Mundart über Fehler zu philosophieren.
Da wir unsere Hütte auf einem nahen Campingplatz schon am frühen Nachmittag erreichten und es draussen begann, aus Kübeln zu schütten, war das Programm besiegelt. Zu meiner Freude und zum Leid Henrik´s gab es fast nur Deutsche Kanale am Fernseher. Klar, ZDF, ORF und so, aber auch WDR Thüringen und jegliche Versionen von RTL, nur kein SRF. Nach langem Suchen dann auch noch vier Schwedische Kanale, nur nicht jener, welcher das Fussballspiel gegen Russland gezeigt hätte.
Die Heimatgefühle wurden immer stärker, da es sich abzeichnete, dass der Hausbesitzer aus dem grossen Kanton stammte und ich ein Buch über die Schweizer Alpen fand.
Ich kann es nicht lassen und euch hier einige Seiten zu zeigen.

Nachtessen, Pasta mit Henrik´s Spezial-Sauce und "min Schatz isch ke Zocker"

So richtig urchig, Urnerdialekt, wie zuhause!

Für meine Leser aus dem Schächental, wo wurde dieses Bild aufgenommen?

Die Langdistanz am Sonntag ging besser als erwartet, müssten meine Beine doch nach dieser Woche völlig kaputt sein. Das Terrain war von der feinen Sorte. Halboffene Teile wechselten sich mit wunderschönen, moosigen Teilen ab, mal flach, mal steil. Nur schade, dass die besten drei Läufer in Schweden gleich auch aus Dalarna sind, somit das Podest besiegelt, bei uns wieder mehr ein Klubkampf, der heute an Henrik ging, gestern noch an mich.

DM Lång 2015

23 Tage Schweden sind also vorbei, zuhause fühle mich schon länger, mittlerweilen merke ich, dass ich nicht mehr im Urlaub bin. 
Die Leute hier haben mich so freundlich aufgenommen, das war ganz grosse Klasse. Jedem sagt man "Hej" am Morgen, viele, auch solche, mit denen man nichts zu tun hat, fragen dich hie und da, wie es dann so gehe, wie das Training sei oder die Kunst-Klasse. So war es kein Problem, schnell gute Freundschaften zu schliessen oder auch nur lockere Bekanntschaften. Dieses Skigymi ist eine grosse Familie und ich bin erfolgreich adoptiert worden. Eine Familie, die nach den Grundbausteinen des Mottos "TREK" funktioniert. 
Damit sind wir beim Übertitel dieses Beitrages. Die vier Buchstaben bedeuten übersetzt Vertrauen, Respekt, Engagement und Qualität (Trygghet, Respekt, Engagemang, Kvalitet). 

TREK, allgegenwärtig und irgendwie immer mit Humor aufgefasst, das sind wir.




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